Geschafft! Wieder die Wiesn überlebt

Bekannter Weise gehöre ich nicht zu den Menschen, die sich wie Bolle auf Volksfeste freuen. War der Wasen in Stuttgart insofern erträglich, dass er -zumindest bezogen auf meine normalen Bewegungsmuster in Stuttgart- ein Bisschen ab vom Schuss stattfand, ist das bei der Wiesn  anders. Die liegt ja mehr oder minder fast direkt vor meiner Haustür, die U-Bahn vom Bahnhof zu meiner Wohnung fährt direkt vorbei und damit stecke ich relativ oft direkt in der Karavane merkwürdig kostümierter Menschen fest, die erfreut einem Besäufnis entgegensieht. Oder (mal mehr, mal weniger) dezent derangiert von einem solchen kommend den Heimweg antreten.
Dementsprechend sah ich den drei Wochen Wiesn im September maximal mit gemischten Gefühlen entgegen. Aber ich habe es überstanden! Zwar dauert die Wiesn noch bis morgen, aber erstens bin ich derzeit gar nicht in München und zweitens ist das Wetter aktuell so mies, dass sich der Ansturm am letzten Tag morgen vermutlich in Grenzen halten wird. So ein Glück. Zeit für ein Bisschen abschließendes Gejammer.

Rund drei Wochen lang befindet sich München jährlich im Ausnahmezustand und meiner Erfahrung nach teilt sich die Bevölkerung in zwei Gruppen: die Wiesn-Junkies und die Wiesn-Hasser. Ich zähle mich eigentlich zu Letzteren, denn es will mir einfach nicht in den Kopf, warum man sich in überfüllte Bierzelte setzen sollte, um da zu horrenden Preisen schlecht eingeschenkte Biere im Übermaß zu konsumieren und sich dabei die Gehörgänge mit mieser Schlagermusik zu fluten. Und eine wahre Allergie habe ich gegen all dieses Trachten-Gedöns entwickelt. Die Billig-Lederhosen und China-Dirndl, in die sich vornehmlich die albernen Touristen zwängen. Jaja, das ganze Jahr über Bayern schimpfen, dann aber Ende September unbedingt so tun wollen, als sei mein ein solcher. Nicht nur mir fällt das gewaltig auf die Nerven – exemplarisch empfehle ich diesen Text. Und, um den Fremden mal den richtigen Eindruck zu vermitteln, unbedingt die Seite muenchenkotzt.de. Wiesn, wie sie leibt und (eher nicht) lebt.

Meine Taktik um nicht völlig auszuticken: Möglichst viele Termine auswärts (gut, der Job trägt seinen Teil dazu bei), möglichst große Bögen um die Festwiese machen und Lokalitäten besuchen, die Wiesn-frei sind. Hervorzuheben ist hier das Café Kosmos in der Nähe des Hauptbahnhofes, dessen Wirt das Trachten-Verbot in seinem Laden höstpersönlich überwacht, indem er sich vor dem Eingang aufbaut und verkleideten Gesellen den Zugang verwehrt. Nicht immer zu deren Freude und auch nicht immer ganz konfliktfrei – aber die anwesenden Gäste wissen dies zu honorieren. Ich auch. Wäre es dort nicht immer so voll, ich würde vermutlich allabendlich dort anzutreffen sein, zumal die Getränkepreise für Münchner Verhältnisse geradezu traumhaft niedrig sind.

Dennoch kam ich dieses Jahr nicht drumrum, die Wiesn zwei mal zu betreten. Einen Nachmittag musste ich mit Kollegen in einem Festzelt verbringen. „Musste“, da wir den Tisch reserviert hatten, um Kunden aus England im Klischeedenken über die Deutschen zu bestärken. Dummerweise durften die uns aber gar nicht besuchen kommen. Und da der Schwabe ja nichts verkommen lassen kann, sind wir einfach mit ein paar Kollegen hin und haben die Verzehrgutscheine durchgebracht. Da das aber an einem Mittag stattfand, hielt sich der Peinlichkeits-Faktor noch einigermaßen in Grenzen, zumindest ist man im Zelt nicht kollektiv ausgeflippt, keine hat seinen Mageninhalt über uns ergossen und die Lautstärke hatte sich auf einem Niveau eingependelt, das Unterhaltungen nicht völlig ausgeschlossen hat. Als Fazit dieses Nachmittages schwanke ich nun zwischen den Extremen „nie wieder“ und „mal abends hingehen und fastziniert-entsetzt Sozialstudien anstellen“. Je nach dem, wie stark meine masochistische Ader aktuell ausgeprägt ist. Mal abwarten, wie ich das kommendes Jahr sehe.

Den Besuch Nummer zwei habe ich taktisch klug auf einen Sonntag Abend verlegt, an dem es für gewöhnlich nicht mehr so schrecklich voll ist. Er diente dazu, einige Bilder zu machen. Denn so sehr mich dieser Rummel um die Festzelte auch nervt, so gern mache ich aber Fotos von halsbrecherischen Höllenmaschinen. Und davon gibt es natürlich jede Menge. Dementsprechend fürchte ich ja, dass ich auch kommendes Jahr wieder mindestens einen Spaziergang über die Wiesn machen werde – aber ein Fan der ganzen Veranstaltung werde ich sicher nicht mehr…

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