„Speisen“, nicht „Essen“

Unlängst verabredete ich mich mit einer Freundin. Wir könnten ja „mal wieder Essen gehen“. Und derweil wir beide gern etwas ausprobieren wollten, das wir beide nicht kennen, zog es uns in „Master’s Home„. Hätte man ihr empfohlen. Die hätten total süß aufgemachte Räumlichkeiten, man könne beispielsweise in einem Badezimmer sitzen. Nach einem kurzen Blick auf die Bilder im Internet war klar: machen wir. Und so kam ich zum vermutlich exklusivsten Essen, das ich bisher genossen habe. Denn uns war beiden entgangen, dass dieses Restaurant eben kein „normaler Italiener“ war…

Wir trafen uns um kurz vor sieben und wurden zu einem Tisch geleitet, der sich in einem sehr gemütlich eingerichteten größeren Raum befand. Mit Ohrensesseln, viel altem Leder und jeder Menge Stil. Aber das war keines der Zimmer aus dem Internet. Im Nachhinein wurde uns klar: die im Netz abgebildeten Räumlichkeiten gehören zur Bar, nicht zum Restaurant. Da wir bis dato die einzigen Gäste waren (was uns wunderte, schließlich war beste Abendessenszeit), fand der Kellner flugs seinen Weg zu uns. Nach der Begrüßung folgte schnell ein „Sie wissen, wie das bei uns funktioniert?“. Nein, taten wir nicht. Also erhielten wir eine Erklärung: Das Restaurant böte keine Speisekarte, die Küche wähle das Essen für einen aus. Dazu müsse man lediglich wissen, ob wir etwas Bestimmtes nicht mögen und der Rest sei dann eine Überraschung.

Eine sehr lohnenswerte, wie wir schnell feststellen durften. Denn es folgte ein insgesamt achtgängiges Menü erlesen zubereiteter Köstlichkeiten. Hier ein kurzer Auszug ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Entencarpaccio mit Rucola, Parmesankäse und einer Honig-Balsamico-Soße. Gebackene Aubergine mit Steinpilzen, unterschiedliche Arten Nudeln, einmal in einem Schüsselchen aus geformten, gerösteten Parmesankäse. Wachtelschenkel, Zitronensorbet mit frischer Minze, Rinderfilet und schlussendlich noch ein perfektes Panna Cotta mit Kaffee-Note. In genau den richtigen Portionsgrößen, um hinterher sehr satt, aber eben nicht übervoll zu sein.

Natürlich wurde uns im Lauf des Abends klar, dass wir gerade vermutlich das teuerste Essen zu uns nahmen, das wir beide bis dato hatten, andererseits war es so lecker, dass keinerlei Skrupel oder gar ein schlechtes Gewissen aufkam. Vielmehr lieferte dies eine Erklärung, warum der Laden nicht sonderlich voll war (er füllte sich im Kauf des Abends, aber „voll“ war er bei Weitem nicht). Denn wer gönnte sich denn mal eben an einem Mittwoch ein mehrgängiges Menü zum Abendessen? Schlussendlich -so viel kann man sagen- kamen wir „günstiger“ weg, als ich das erwartet hätte, mit 60 Euro pro Person sind wir natürlich völlig über das eigentlich Geplante hinausgeschossen, aber in Relation zum Gebotenen könnte man dies schon beinahe als günstig hinstellen.

Was bleibt ist ein richtig schöner Abend, durchzogen von dreieinhalbstündigem Geschlemmere (natürlich unterbrochen durch entsprechende Pausen) und die Erkenntnis, dass ich jederzeit wiederkommen würde – wenn ich denn mal einen Anlass habe, zu dem man richtig nobel essen gehen möchte. Nichts für den kleinen Hunger zwischendurch, aber definitiv eine kulinarische Bereicherung. Vor allem der Überraschungseffekt von Gang zu Gang hat etwas spannendes. Und -bekannter Weise bin ich essenstechnisch nicht eben unkompliziert- es war nichts, wirklich gar nichts dabei, das ich nicht gemocht hätte, obwohl ich mir vermutlich keine einzige der dargereichten Speisen bestellt hätte, hätte ich sie mir aus einer Speisekarte aussuchen können. Eigentlich sollte ich so etwas öfter tun…

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