Das Grauen hat einen Namen – „Appartement Plus“

Nachdem der erste Tag im Büro ja durchweg als Erfolg einzustufen war, wurde ich abends schlagartig auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. In Form meiner Unterkunft, die ich theoretisch für die kommenden beiden Monate bewohnen soll. Nun muss man vorweg schicken, dass es gar nicht so einfach ist, für einen längeren Zeitraum ein Appartement zu einem Preis zu finden, der einem nicht den sofortigen Herzinfarkt beschert. Bei manchen Angeboten fragt man sich, ob man den gewünschten Raum eigentlich mietet, oder doch die dauerhaften Eigentumsverhältnisse daran erwirbt.

Wir hatten im Vorfeld vieles angefragt. Diverse Appartements und Hotels und uns schlussendlich für ein Angebot von guenstigwohnen24.de entschieden, da das kostentechnisch noch am tragbarsten erschien und praktischer ist als ein Hotel, da ich dort nicht mein Zimmer räumen muss, wenn ich am Wochenende daheim bin oder Termine bei Kunden habe. Die Lage des angebotenen Zimmers ist gut, relativ zentral in Pasing und auch die Umgebung macht laut Google Maps einen ganz guten Eindruck.

Ich zitiere vorweg mal aus der Webseite:

Egal ob mittlere oder hochwertige Ausstattung. Sie werden sich in unseren möbilierten Apartments wohl fühlen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch.

Möbilierte Apartments sind ausgestattet mit:

  • Kostenfreiem Internetzugang
  • Kabel TV
  • WC/Dusche
  • Volleingerichtete Küche

Dazu noch ein paar hübsche Bildchen, die auf ein wirklich akzeptables Zimmer schließen lassen.

Also den Schlüssel abgeholt und freudig zur entsprechenden Adresse gefahren. Ein Bisschen stutzig wurde ich schon, als ich „Hotel Peter“ über dem Haus stehen sah. Es handelt sich bei den Appartements um Zimmer eines ehemaligen Hotels, das offenbar aufgegeben wurde. Aber gut, warum nicht.
Hoch in den ersten Stock, Schlüssel ins Schloss, Tür auf.
Der sich mir bietende Anblick war nicht gerade das, was ich mir vorgestellt hatte. Nicht in einem Appartement der „gehobenen“ Ausstattung, auch als „Appartement Plus“ bezeichnet. Nicht für 970€ im Monat.

Für den Bruchteil einer Sekunde habe ich mir überlegt, sofort wieder umzudrehen – das kann doch wohl nur ein Irrtum sein, oder? So stelle ich mir inetwa eine Gefängniszelle vor, man müsste sich lediglich noch ein paar Gitterstäbe vor den Fenstern denken. Die Möbel müssen  aus den frühen Achtzigern des vergangenen Jahrtausends stammen. Damals, als Möbel aus Pressspan eine erheblich breitere Verbreitung hatten als heute. Allerdings waren die damals sicher ansehnlicher, denn heute fehlen diverse Stücke, die im Lauf der Jahre abgebröckelt sind. Man beachte den hübschen Schreibtisch und den nicht minder faszinierenden Schrank.

Letzterer stellte sich übrigens als komplett unbenutzbar heraus. Erstens beinhaltet er genau ein Ablagefach und ansonsten nur eine Kleiderstange (Mist, ich hätte doch einfach nur Anzüge mitnehmen sollen) und zweitens -was erheblich schwerer wiegt- scheint er in einem früheren Leben als Testobjekt zur Insektizidforschung missbraucht worden sein. Das Teil stinkt derartig nach Mottenpulver, dass ich mich nicht traue, da auch nur ein einzelnes T-Shirt eine Nacht drin zu lagern. Denn dieses löst sich bestenfalls einfach auf, schlechtestenfalls nimmt es den Geruch an, den ich dann vermutlich auch nach etlichen Waschgängen nicht mehr herausbekomme. Wer das nicht glaubt, der möge mich einfach besuchen kommen und darf gerne mal seine Nase reinstecken.
Ich habe versucht ihn zu lüften und ihn eine Stunde lang offen gelassen, während ich ein paar Lebensmittel einkaufen war. Das Resultat hätte ich voraussehen können – außer dem Schrank roch nun das gesamte Zimmer entsprechend. Ergo werde ich meine Klamotten wohl einfach in ihrer Tasche lassen.

Was die oben erwähnte „vollausgestattete“ Küche angeht, so möchte ich euch diese auch nicht vorenthalten. Einen Schwamm zum abspülen gibt es nicht, ich verfüge über genau ein (stumpfes) Messer und es ist ja wohl klar, dass der ebenfalls vorhandenen einzelne Löffel und die Gabel in keinster Form zueinandergehören. Die schriftlich angefragte und bestätigte Herdplatte gibt es nicht (die wird wohl nachgeliefert, nachdem zunächst behauptet wurde, davon sei in den Mails mit meinem Arbeitgeber nie die Rede gewesen. Doof nur, dass mir die entsprechenden Mails vorliegen und just die Dame, die das am Telefon bestritt, dort geschrieben hatte, dass eine solche zu den Plus-Appartements gehört).
Ich habe heute erstmal Teile unserer Bürokücheneinrichtung geplündert, um bezüglich der Verpflegung auch nur ansatzweise handlungsfähig zu werden – mein Brot gestern Abend musste ich zerreißen, denn zum Schneiden desselben gab es leider keine Möglichkeit.

Das einzig akzeptable ist übrigens das Bad. Das ist zwar winzig, dafür aber relativ frisch renoviert. Das wäre es dann aber auch.

Mein Fazit: Da möchte ich sicher keine zwei Monate verbringen. Eigentlich gar keinen, aber für den ersten habe ich schon bezahlt. Ich muss in den kommenden Tagen mal mit Stuttgart eine Lösung besprechen, Ideen gäbe es einige. Einstweilen versuche ich, so wenig Zeit wie möglich dort zu verbringen – diesen Artikel schreibe ich im Büro, in das ich zurückgekehrt bin. Hier ist es erheblich gemütlicher. Und während ich diese Zeilen schreibe, grübele ich darüber nach, wie wohl die Appartements ohne „Plus“ aussehen müssen…

  3 comments for “Das Grauen hat einen Namen – „Appartement Plus“

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