Dabei ging zunächst etwas schief – aus Gründen, die wohl nur die Untiefen des Internets kennen, war meine Reservierung nicht angekommen „Ach, Sie haben über HRS resveriert? Ja, die kommen manchmal nicht bei uns an.“ – na danke. „Aber keine Sorge, wir haben noch ein Zimmer für Sie. Nehmen Sie sich doch da hinten einen Tee und warten kurz in der Sitzecke, ich mache alles soweit fertig.“ sprach der überaus freundliche Mensch an der Rezeption.
Ein Tee nach einer langen Anreise ist immer gut – im Foyer stand immer eine Kanne frischer Tee auf einem Stövchen, falls mal ein Gast Lust auf einen solchen verspüre. Ich kenne Hotels, die hätten für so etwas erstmal drei Euro extra verlangt. Und ehrlich gesagt hätte ich es in der Sitzecke auch noch eine ganze Weile ausgehalten, allerdings waren die Formalitäten bezüglich des Zimmers offenbar schnell erledigt. Also los ins Zimmer…
In das ich mich spontan verliebt habe. Sicher keine Gestaltung, die meiner Mutter das Herz hätte aufgehen lassen, aber ich für meinen Teil war sofort hin und weg. Eine Mischung aus Schlichtheit, Überbleibseln des alten Stahlwerks, gepaart mit modernen Designermöbeln und Ideen, die mir sehr imponiert haben. Da wäre beispielsweise die Kaffeemaschine, die in jedem Zimmer zu finden ist. Samt Kaffee natürlich. Für den Kick Koffein zwischendurch. Oder am Morgen direkt nach dem Aufstehen. Toll! Oder das Laptopkissen, das an der Wand hing, oder die Hotelinformationen, die an Klemmbrettern an der Wand angebracht waren – einfach charmante Ideen. Da ganze Hotel ist voll mit solcherlei Kleinigkeiten, die man oftmals erst beim zweiten Blick wahrnimmt.
Überhaupt ist die Gestaltung des erst 2012 entstandenen Bauwerkes höchst bemerkenswert. Relativ viel nüchterner Beton, der allerdings dank diverser Graffiti überall lustig oder spannend aussieht und durch die Möblierung beeindruckend kontrastiert wird, so dass aus der Kombination ein sehr schlüssiges Gesamtkonzept entsteht. An diese Ort durften sich Innenarchitekt und Künstler wahrlich austoben – und in meinen Augen haben sie das bemerkenswert gut hinbekommen. Ob das in zehn Jahren immernoch cool aussieht wage ich zu bezweifeln, aber da man am Interieur des Hotels angeblich permanent weiterarbeitet, bin ich davon überzeugt, dass man hier schon einen funktionierenden Weg finden wird, die Attraktivität dauerhaft zu erhalten.
Anderntags hatte ich das Vergnügen, kurz mit dem Leiter des Hotels zu sprechen. Ihn habe ich gefragt, ob sich ein solches Hotel (der Hoteltrakt hat -von einem privaten Konsortium getragen- rund 8 Millionen Euro gekostet) in Neumünster eigentlich trägt – denn so stark ausgeprägt ist der Tourismus in der Region eher nicht, man bleibt eher in Hamburg oder fährt gleich weiter nach Kiel. „Ganz im Gegenteil“ bekam ich zur Antwort, das Hotel ist gut ausgelastet, allerdings vornehmlich durch Firmen, die dort Veranstaltungen durchführen. Was ich gut nachvollziehen kann, denn als Tagungshotel ist das alten Stahwerk definitv eine Empfehlung. Ich habe eine kleine Führung durch den Veranstaltungsbereich bekommen – nett hergerichtete Meetingräume, alle Technik, die man heutzutage erwartet. Dazwischen ein Tischkicker für die Pausen. Schon wieder so viele kreative Ideen, für die in einem „normalen“ Businesshotel kein Platz ist. Genausowenig für den Stapel Pappbecher und die Thermoskanne voll Kaffee, die morgens neben der Rezeption steht. Für die Gäste, die noch einen Kaffee mit auf den Weg nehmen wollen. Bezüglich meines Reiseverhaltens (Übernachtung ohne Frühstück) war das dann so ungefähr der Jackpot und ein weiterer Beweis dafür, dass hier ein paar Menschen sind, die sich ernsthaft überlegen, wie man einem Gast den Aufenthalt so angenehm wie möglich machen könnte.Unnötig zu erwähnen, dass das Essen im Restaurant des Hotels hervorragend war. Genausowenig muss ich darüber schreiben, dass das gesamte Personal höflich, nett und beinahe schon erschreckend zuvorkommend war. Und dass der „Wellnessbereich“ mit Sauna und Dampfbad auch mit allerlei Attraktivitätserhöhendem ausgestattet ist – einem türkischen Teekocher beispielsweise.
Ich habe mich selten beim Auschecken aus einem Hotel ausdrücklich beim Personal für einen richtig schönen Aufenthalt bedankt. Diesmal schon. Und, ja, dieser Artikel mag ein Wenig wie Werbung daherkommen – aber in diesem Fall erwecke ich diesen Eindruck gern – ich bin mir ziemlich sicher, dass ich „mein“ Hotel des Jahres schon gefunden habe. Jetzt fehlt nur noch der nächste Termin dort…