Schlägt man den Begriff mal nach, erhält man folgende Definition aus der Wikipedia:
Ein Dirndl ist ein bayerisches oder österreichisches Trachtenkleid
Und folgende aus dem Duden:
zur bayrischen und österreichischen Tracht gehörendes oder ihr nachempfundenes Kleid aus buntem Stoff mit gefaltetem oder gekraustem Rock und tailliertem Mieder, das mit einer Halbschürze getragen wird
Gemeinhin wird das Dirndl also als Tracht angesehen. Trachten haben meines Wissens einen sehr regionalen Bezug, anders ist es wohl auch nicht zu erklären, dass in den Definitionen explizit die Eingrenzung auf „bayrisch“ und „österreichisch“ enthalten ist. Aber mit der Geographie und lokaler Geschichte hat man es heute ja nicht mehr so. Wird vermutlich überschätzt. Hauptsache ich falle auf.
Sofern ich nun nichts verpasst habe, gehört Stuttgart nach wie vor zu Baden-Württemberg. Und hier gibt es nunmal den Wasen, nicht die Wiesn. Kann mir also bitte irgendwer einmal erklären, warum in drei Teufels Namen neuerdings haufenweise bayrische Trachten auf einem württembergischen Volksfest getragen werden? Die Theorie, dass das alles Exil-Bayern sind, mag ich an dieser Stelle einfach mal verwerfen, denn wenn dem so wäre, dann wäre unser benachbartes Bundesland vermutlich ziemlich entvölkert, zumindest zu Zeiten des Frühlingsfestes bzw. des Cannstatter Wasens im Herbst. Darüber hinaus berichten mir Münchner Kollegen glaubhaft, dass es dort auch ein Frühlingsfest gebe, welches inetwa zeitgleich zum hiesigen stattfindet. Ergo kann ich mir kaum vorstellen, dass auch nur irgendein Bayer einen Grund hätte, zum Festln nach Stuttgart zu reisen.
Eine weitere Theorie könnte sein, dass man hierzulande das Tragen einer Tracht wiederentdeckt. Dann frage ich mich ja nur, warum es nicht die hiesige sein darf (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzwald#Kultur). Vermutlich, weil man die Oberweite da nicht so herauspressen kann, im Schwarzwald mag man es eher hochgeschlossen.Und es ist ja nicht so, dass man hierzulande nicht vorgeführt bekommen würde, wie die lokalen Trachten denn aussehen. Da macht sich der Veranstalter jedes Jahr erneut die Mühe, einen Zug zum Wasen zu organisieren, bei dem haufenweise Trachtengruppen mit dabei sind – aber offenbar sind die Mädels da mehr damit beschäftigt, die mitlaufenden Pferde oder Musikanten süß zu finden, anstatt den kulturellen Aspekt auch nur ansatzweise wahrzunehmen. Ich mag mich hier nicht zum Bewahrer der württembergischen Traditionen aufschwingen, zumal ich es mit Trachtengewändern generell nicht eben habe. Aber ich mag es auch nicht einfach klaglos hinnehmen, dass hierzulande zu Volksfesten Klamotten aus dem Schrank gezogen werden, die ursächlich nicht dazu gedacht waren, dass man sie auf einem örtlichen Volksfest trägt. Zu Hochzeiten oder kirchlichen Feiertagen wirft sich hier doch auch niemand in Dinrdl oder Lederhosen – warum dann also bitte während zweier Volksfeste im Jahr?
Ich würde mich ja herzlich gern der Hoffnung hingeben, dass diese „Mode“ auch wieder verschwindet. Es steht jedoch zu befürchten, dass die einmal angeschafften Kleider auch in den Folgejahren ausgepackt werden müssen, denn wozu hat man sie denn bitte gekauft? Bleibt also nur die Hoffnung auf eine weitere Verfettung der Bevölkerung, auf dass man einfach nicht mehr in die Dinger reinpasst. In diesem Sinne: Bestellt doch einfach noch ein überteuertes fettiges Brathähnchen! Oder zwei. Dann wird irgendwann sicher alles gut…