Pimp my Penisverlängerung

Bekannter Weise definieren sich etliche meiner Geschlechtsgenossen ja über ihren fahrbaren Untersatz. „Mann“ ist nur dann etwas wert, wenn er mindestens einen Wagen fährt, der ein beliebiges Stauende in möglichst kurzer Zeit mit maximaler Beschleunigung erreichen kann. Der von der roten Ampel weg binnen Sekundenbruchteilen und unter Erzeugung brachialen Lärms jegliches innerstädtische Geschwindigkeitslimit überspringen kann. Und natürlich mit extrastarken Bremsen ausgestattet, damit man das Geschoss auch vor der nächsten roten Ampel wieder abrupt zum Stehen bringen kann, idealer Weise mit laut quietschenden Reifen. Außerdem, so munkelt man bei verschwörerischen Zusammenkünften unter Männern, würden „die Schnecken“ ungeheuer auf PS-strotzende Boliden abfahren. Hast du erst nen Ferrari, hast du auch jederzeit ne Frau im Bett. Mindestens.

Kompliziert wird die Sache nur, wenn Mann bemerkt, dass er offenbar nicht der Einzige ist, der so ein tolles Auto fährt. In München scheint empfunden so etwa jeder Dritte eine Wagen der Kategorie Porsche, Ferrari, Lamborghini, Mercedes (aber bitte in der AMG-Variante) zu fahren. Zumindest gewinnt man diesen Eindruck, wenn man sich an einem Sonntag Mittag in ein Straßencafé setzt und mal drauf achtet, welche Art Autos eigentlich so vorbeifahren. Dann wird es aber mit „den Schnecken“ wieder schwierig, denn wie soll man denn bitte adäquat auffallen, wenn drei Wagen weiter vorn auch ein Ferrari steht? Und direkt davor ein Porsche?

Die Lösung: Das Auto muss anders aussehen! Und genau hierfür gibt es einen Laden in unserem Bürokomplex. „Folie statt Lack“. Die tun im Grunde nichts anderes, als ganze Autos mit einer beliebigen Folie zu überziehen. Das schützt den Lack, viel wichtiger dürfte den meisten Kunden aber sein, dass die Karre danach erheblich „cooler“ aussieht, je nach gewählter Folie. Einfach nur „weiß“ oder „rot“ wählt sich da niemand aus.

Es ist erstaunlich: Ich komme jeden Morgen an diesem Laden vorbei. Was da an Autos rumsteht, mag man gar nicht glauben. In die Werkstatt passen nicht mehr als drei Wagen gleichzeitig rein (weshalb gern auch diverse Autos auf dem Bürgersteig davor „zwischengeparkt“ werden), der Gesamtwert der innerhalb befindlichen dürfte meistens locker eine halbe Million Euro übersteigen. Man gewinnt den Eindruck, als fahre entweder wirklich jeder zweite Bewohner Münchens ein Auto der Kategorie „Proll-Sportwagen“, oder, alternativ: alle Besitzer eines solchen Autos lassen sich dieses mit Folie überziehen. Anders ist der Andrang nicht erklärlich.

Farblich geht der Trend derzeit übrigens eindeutig in Richtung „Christbaumkugel“. Der Lamborghini auf dem Foto zum Artikel gibt hier ein gutes Beispiel ab, auch wenn er nicht mehr ganz so grell strahlt. Das liegt aber im speziellen Fall daran, dass er zunächst in leuchtend Orange-Metallic foliert wurde (allein dieser Vorgang dauerte drei Tage) und anschließend eine zweite Folie drübergeklebt wurde, die dem Ganzen einen matten Look gibt. Und kaum war dieses Auto fertig, folgte ein Porsche – Lila-Metallic! Der sieht aus wie eine radioaktiv verstrahlte Milka-Kuh, es fehlen nur die weißen Flecken. Ebenfalls gern genommen: irgendwas Mattes. Am Liebsten mattschwarz. Wobei wir dann bei den Autos angekommen sind, bei denen mich immer ein wüster Brechreiz überkommt, sobald ich sie sehe. Ich frage mich ernsthaft, ob man mit Erwerb eines solchen Autos gleichzeitig seinen Geschmack beim Händler zurücklässt. Zumindest den guten.

Aber vielleicht geht es ja auch gar nicht um Geschmack, sondern einfach nur darum aufzufallen. Das dürfte in jedem Fall gelingen.

Ob allerdings auch „die Weiber“ drauf abfahren, kann ich nicht sagen. Mir ist auf alle Fälle bis dato noch keine einfach in meinen Golf gehüpft, aber der ist ja auch nicht mit Folie überzogen. Und eben nur ein Golf. Vielleicht liegt’s ja daran.

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