Also haben wir uns am Samstag zu einer Radtour ins Umland verabreden – und was soll ich sagen: sie hat Recht. Die stille Natur liegt quasi vor der Haustür, man muss nur die geschicktesten Wege dahin kennen. Die allerdings sind gar nicht so einfach zu finden, wenn man keinen jahrelangen Heimvorteil aufzuweisen hat – alleine hätte ich mich sicher mehrfach verfahren. Getroffen habe wir uns in Schwanthalerhöhe, radelten dann über Sendling und Thalkirchen, am Zoo vorbei nach Untergiesing und von dort in den Perlacher Forst. Gut, „Forst“ würde ich das nicht unbedingt nennen, denn der scheint mir eher ein von diversen Asphaltwegen durchzogener relativ junger Wald zu sein, aber ich will nicht streiten. Und ab diesem Moment konnte man wirklich radfahren.
Durch den Forst führt ein über mehrere Kilometer schnurgerade verlaufender Weg nach Oberhaching und kurz dahinter scheint die Welt aufzuhören. Zumindest die, die sich ein Großstädter so vorstellt. Man befindet sich schlagartig mitten in endloser Natur. Nur noch kleine Dörfchen und wenig Verkehr. Man könnte sich im Allgäu wähnen, allerdings fallen die Behausungen dort in der Regel ein bis drei Nummern kleiner aus – man merkt der Gegend an, dass sie zum Speckgürtel Münchens gehört und sich dort die Menschen mit einem gewissen Übermaß an Kleingeld niederlassen.
Nach nicht mal eineinhalb Stunden und 30km Strecke hatten wir unser Ziel erreicht – den Deininger Weiher im Dreieck der Dörfchen mit den klingenden Namen Großdingharting, Oberbiberg und -wen wundert’s- Deining. Sehr schön gelegen – Natur pur. Mit Biergarten, das muss schon sein. Hätte meine Begleitung mich hier ausgesetzt, hätte ich den Weg zurück vermutlich niemals gefunden und nachdem es dort noch nicht mal Netz gibt (ich rede hier nicht von „kein UMTS“, nein, wirklich von „kein Netz“. Gar keines. Zumindest nicht für Vodafonekunden) hätte auch eine Karte im Internet nicht weiter geholfen. Aber zum Glück legte sie es nicht drauf an mich am Ende der Welt verrotten zu lassen, sondern war so nett, mir auch auf der Rückfahrt Gesellschaft zu leisten, eher wir in der Nähe der Isar dann unterschiedliche Richtungen einschlugen. Ich wollte nochmal ans Isarufer, welches wir schon auf der Hinfahrt überquert hatten. Mir ist ja geläufig, dass es sich dort hervorragend Grillen lässt – aber am Samstag habe ich zum ersten mal einen Eindruck davon bekommen, wie das abläuft. Völlig entspannt und kunterbunt. Alles was Beine hat und in der Lage ist einen Kasten Bier und einen Grill zu tragen, macht sich zunächst auf und es sich dann am Ufer gemütlich. Die Verkehrslage an der Thalkirchner Brücke ist mit „dezent chaotisch“ noch recht milde umschrieben – ein einziges großes Gewusel aus Fußgängern, Radfahrern und eben ein paar Autos. Letztere ziehen aber regelmäßig den Kürzeren. Selbst die anwesende berittene Polizeistreife zeigte sich gut gelaunt und gelassen (das ist neu in meinem Erfahrungsschatz) und ließ diverse Kinder die Pferde streicheln. Das sommerliche Isarufer scheint eine sehr entspannende Wirkung auf alle zu haben. Das Hochwasser der vergangenen Tagen hat zwar deutliche Spuren hinterlassen, aber das Ufer ist wieder hervorragend dazu geeignet, um ein paar Stunden in der Sonne zu verbringen und ich sollte mir das ganz, ganz dringend als Wochenendbeschäftigung einplanen. Ich war nach den rund 55 bis dato zurückgelegten Kilometern (nach Hause waren es dann nur noch lumpige fünf) zu erledigt und zu durstig um wirklich lange zu verweilen – aber ich werde sicher wiederkommen. Mit Grill. Und ich werde auch sicher bei Gelegenheit mal wieder das Rad schnappen, der Großstadt entfliehen und Touren in die Umgebung machen. Die lohnen sich und der Weg raus aus dem Verkehr ist tatsächlich weit kürzer als angenommen.