Sonntagspaziergang

Sonntag. Schönstes Wetter. Wenn das mal kein Grund ist, die Wohnung zu verlassen und sich mit einer Bekannten zu einem gemütlichen Plausch zu verabreden. Die ursächlich gute Idee kippte schlagartig in eine schlechte, was weder an der Bekannten, noch an mir, noch am Wetter lag. Sondern am geplanten Ort des Treffens. Tollwood auf der Theresienwiese. An einem sonnigen Nachmittag. Am Wochenende. Wie doof kann man eigentlich sein, sich da zu verabreden?

Nun muss ich gestehen, dass Tollwood sowieso nicht so ganz „meins“ ist (andererseits: wenn ich mich zwischen „Weihnachtsmarkt“ und „Tollwood“ entscheiden muss, dann fällt die Wahl doch eher auf Letzteres). Eine Ansammlung von Händlern, die meinen, dass man Alternatives doch durchaus mit purem Kapitalismus verbinden kann. Dazwischen Essen und Getränke für jeden noch so abstrusen Geschmack. Alles randvoll aufgefüllt mit Publikum. Und zwar in einem Maß, welches ein selbstbestimmtes Fortkommen quasi gänzlich ausschließt. Man könnte einfach die Beine einklappen und sich mit dem Strom treiben lassen, das könnte vielleicht funktionieren. Wollten wir aber nicht, drum wurde aus dem geplanten gemütlichen Schlendern über das Gelände eine spontane Flucht und Abänderung des Plans. Ein ausgedehnter gemütlicher Spaziergang wäre doch sicher auch ganz nett.

War es dann auch. Von der Theresienwiese Richtung Hauptbahnhof, dort einen Kaffee holen, dann weiter über den Stachus gen Odeonsplatz, einmal durch den Theatinerhof (die Theatinerkirche habe ich schon x-fach photographiert, den zugehörigen Hof allerdings noch nie, dabei ist der eigentlich recht sehenswert) und von dort zum Wittelsbacherplatz. Man könnte sich ja kurz den mittelalterlichen Weihnachtsmarkt ansehen. Schon wieder eine ganz schlechte Idee – gegen den Füllstand dieses Weihnachtsmarktes war Tollwood schon beinahe öd und leer. Aber wo wir schonmal da waren, haben wir wenigstens einen Kinderpunsch genossen, so können wir wenigstens behaupten, dabei gewesen zu sein. Allerdings nur kurz, denn auch hier haben die natürlichen Fluchtinstinkte dann doch relativ schnell eingesetzt. Dennoch: den Weihnachtsmarkt dort kann ich durchaus empfehlen, er ist wirklich süß – allerdings eben nicht unter den gegebenen Umständen. Ein Besuch um, sagen wir, 18 Uhr an einem schmuddelig verregneten Mittwoch könnte dagegen ziemlich entspannt ablaufen.

Also ging’s weiter Richtung Türkenstraße, vielleicht wäre im Tea-House ja noch ein Plätzchen frei (um es vorwegzunehmen: nein, natürlich nicht). Dafür sind wir auf dem Weg dorthin aber an meinem Highlight des Tages vorbeigekommen, einem Laden für, sagen wir mal, recht sündige Unterwäsche. Nein, dieser selbst war nicht das Highlight, wohl aber ein Schild das sie an die Eingangstür geklebt haben. „Liebe zum Mitnehmen“. Für umsonst. Daran angeklebt lauter kleine Abreiß-Zettelchen, mit „Liebe“ beschriftet. Was für eine herzallerliebste Idee! Und ein Bisschen Liebe (um genau zu sein: eine Einheit) war sogar noch übrig. Die trage ich jetzt im Geldbeutel mit mir herum.

Eines meiner Lieblings-Blogs ist voll mit solchen Fundstücken – jetzt hätte ich dann wohl auch eines beizutragen. Ich weiß schon, warum ich ziemlich gern auf Seitenstraßen durch Schwabing und Maxvorstadt schlendere. Denn obgleich sie natürlich relativ fest in der Hand von hippen und ansatzweise wohlhabenden Einwohnern sind, ist die Laden- und Kneipenkultur dort eine sehr nette. Und man findet eben Kleinigkeiten wie diese hier. Oder Läden, die sich nicht entscheiden können, ob sie lieber Klamotten, Lampen oder doch Krempel verkaufen wollen und sich einfach alles anbieten. Einfach charmant. Auf alle Fälle um Längen netter als alle überlaufenen Weihnachtsmärkte der Welt. Und an sonnigen Sonntagen offensichtlich ein wesentlich besserer Aufenthaltsort als die Theresienwiese, die Kaufingerstraße oder all die anderen Orte, an denen man „was geboten“ bekommt.

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