In München gibt es im Sommer vier Open Air Kinos, die über einen längeren Zeitraum und in größerem Maßstab Filme zeigen. Eines davon liegt mehr oder minder bei mir um die Ecke, „Kino, Mond und Sterne“ im Westpark. Unzählige male bin ich daran vorbeigelaufen, einen Film angesehen habe ich mir dort nie. Der einzige je gestartete Versuch scheiterte daran, dass wir viel zu spät hingegangen sind und keine Karten mehr bekamen.
Das sollte sich diese Woche endlich mal ändern. Ein wunderbarer Sommerabend, „Boyhood“ stand auf dem Programm. Ein Film, von dem ich im Vorfeld relativ viel gelesen hatte und dessen Konzept ich sehr spannend finde. Auf die Idee, einen Film über zwölf Jahre zu drehen, um das Altern und die Entwicklung der Personen zu zeigen, muss man auch erstmal kommen. Halte ich für höchst ambitioniert und das Ergebnis für extrem spannend, auch wenn der Film dem Konzept geschuldet natürlich keine abgeschlossene Geschichte erzählt. Aber das muss er ja auch nicht. Für diejenigen, für die in einem Film nicht unbedingt alle fünf Minuten etwas in die Luft fliegen muss, ist er definitiv eine Empfehlung, auch wenn er meiner Meinung nach gen Ende einige Längen aufweist.
Aber ich will ja keine Filmkritik schreiben, sondern vom Open Air Kino erzählen. Und das ist definitiv einen Besuch wert. In das Amphitheater im Westpark, in dem das Kino seinen Platz gefunden hat, passen rund 1600 Leute rein. Und meistens kommen die auch. Entsprechend gilt es, einigermaßen früh vor Ort zu sein, um sich einen guten Platz zu sichern. Kartenreservierung im Vorfeld dringend zu empfehlen, sofern man nicht mindestens einen halbe Stunde an der Abendkasse anstehen möchte (der Eintritt ist mit 6 Euro übrigens höchst human) und sich dem Risiko aussetzen will, am Ende keine Karten mehr zu bekommen.
Die Veranstaltung selbst gleicht dann eher einem Happening. Da die Steintreppen auf Dauer doch reichlich unbequem sind, werden allerlei Bequemlichkeitsutensilien mitgebracht. Im einfachen Fall lediglich eine Decke (keine gute Idee, Rückenkissen sind eigentlich ein Muss, wie man spätestens nach fünf Minuten schmerzhaft lernen muss. Erfreulicher Weise kann man sich solche aber auch gegen Pfand vor Ort ausleihen), aber von Isomatten bis hin zu riesigen Luftmatratzen wird so ziemlich alles aufgefahren, was einigermaßen transportabel ist. Essen und Getränke kann man vor Ort erwerben, aber -in klassischer biergarten-Tradition- auch selbst mitbringen, wovon auch reichlich Gebrauch gemacht wird. Dementsprechend handelt es sich bei der Zeit vor der Vorstellung (die erst nach Einbruch der Dunkelheit beginnt) eigentlich eher um ein gigantisches entspanntes Massenpicknick und Leute-Schauen mit Blick auf den See im Park. Sehr amüsant!
Neben den Tips zur geeigneten Sitzunterlage und der Verpflegung möchte ich noch einen ganz Wichtigen in Feld führen: Unbedingt im Vorfeld nachsehen, wie lange der Film eigentlich dauert. Sofern man nämlich nicht mit dem Rad in den Westpark kommt, könnte das zu einem Problem werden (oder, um es mal anders auszudrücken: Es WURDE zu einem Problem). Zumindest, wenn man wieder irgendwie nach Hause kommen möchte. In unserem Fall begann der Hauptfilm (vorangegangen eine etwas krude Mischung aus merkwürdigen lokalen Werbefilmen und Sponsorennennungen) um kurz vor zehn. Und endete -zwölf Jahre Drehzeit müssen sich ja lohnen- um kurz vor eins. Danach „mal eben“ gehen funktioniert nicht, 1600 Leute müssen ja erstmal ihre Habseligkeiten wieder zusammenpacken und irgendwie aus dem Gelände wieder heraus (wobei man sich ganz hervorragend in der Masse verlieren kann und zusätzliche Zeit für die Suche der Begleitung einplanen sollte). Ist das geschafft, stellt man fest, dass um diese Zeit auch in Großstädten wie München der öffentliche Nahverkehr nur noch sehr eingeschränkt existent ist. Da kann es theoretisch schonmal weit über eineinhalb Warte- und Fahrstunden dauern, um vom Westpark in die Nähe des Olympiaparks zu gelangen. Selbst zu Fuß wäre man vermutlich schneller. Wohl dem, der ein Auto vor der Tür hat und gegebenenfalls noch schnell Taxi spielen kann.
Heißt summa summarum: Netten Abend gehabt, interessanten Film gesehen, um halb drei im Bett gewesen. Für Berufstätige an einem Donnerstag nicht unbedingt eine ideale Voraussetzung. Andererseits: die Kombination aus Picknick und Film ist eine tolle und sehr empfehlenswert – ich bin mir sicher, nicht das letzte mal dort gewesen zu sein. Aber ich kann von da ja auch in 15 Minuten nach Hause laufen und muss nicht noch durch die halbe Stadt ;-)
Als kleiner Service am Leser (und weil ich schon immer mal eine Karte von Google Maps hier einbinden wollte) hier die vier Münchner Open Air Kinos in einer Übersichtskarte: